WOSTOK

Die Wostok-Vierzylinder: die "Russische Rakete" für die Weltmeisterschaft

 

Gewöhnlich ist es so, dass, wenn wir über die russischen Motorräder sprechen, wir an ein sehr langsames und überholtes Motorrad denken. Jedoch, obgleich es unglaublich  erscheint, auch Russland hatte Motorräder für die Weltmeisterschaft. Die Geschichte von "Wostok" (das war der Name dieses Motorrades und bedeutet einfach "Osten") ist wirklich interessant, und ich  widmete eine der besten Autosovjet-Seiten diesem schnellen Motorrad (250 km/h ... nicht sehr häufig für ein russisches Motorrad),  ist absolut unbekannt in Europa.

 

Der Anfang

1942, als der Krieg noch in vollem Gange war, wurde in Serpuchov (70 km von Moskau) ein Forschungszentrum gegründet, dass in den folgenden Jahren "Vniimotoprom" genannt wurde. Dieses technische Zentrum arbeitete für die Technik der Serienproduktion mehrerer sowjetischer Motorradfabriken, aber es erstellte auch eigene Rennmaschinen. Die frühen Modelle wurden einfach "S" genannt, und noch nicht "Wostok" (das "C" im russischen Firmenzeichen ist ein russisches "S", das "Serpuchov" bedeutet): S1-B 125, S2B 250 S3B 350. Alle diese Motorräder waren abgeleitet von der deutschen DKW-"Kompressor"-Rennmaschine mit "Doppelkolben-Zylinder" (zwei Zylinder mit einer gemeinsamen Brennkammer), die von der sowjetischen Armee während des 2. Weltkrieges beschlagnahmt wurden. Die "S2-B" 250cm³ war die russische Serpuchov-Kopie der DKW, 40 PS, 175 km/h. Von diesem Motorrad baute das Serpuchow-Center mehrere "Kopien" der deutschen IFA 250 GS (1948) immer mit "Doppelkolbenzylinder" und mit K   ompresseor mit gegenläufigen Kolben. Aber als sich die UdSSR entschied,  sich an internationalen Wettbewerben zu beteiligen, waren die alten Zweitakter aus Deutschland überholt, und neue russische Viertakt-Maschinen wurden hergestellt, die "S-155" Einzylinder 125 cm³, die "S-254" 250 cm³ Zweizylinder und die "S-555" Zweizylinder als Ersatz für die 500er. Alle diese Motorräder (auch bekannt mit dem "SKEB"-Markenzeichen), konstruiert von Evgenij Mathiushin, wurden ausgestattet mit DOHC-Steuerung und Ventiltrieb mit Schalt- und Konuszahnrädern. Die Rahmen wurden angelehnt an die Britische Norton "Featherbed".

Obwohl die Anregung von mehreren westlichen Maschinen kam, war die frühe vollsowjetische Rennmaschine nicht einfach von anderen Rennmaschinen kopiert. Während der 60er Jahre wurden diese Maschinen mit neuen Doppelfunkenköpfen und einem neuen 6-Ganggetriebe radikal modifiziert. Vor allem die "S-358" und die "S-259" hatten immer einen DOHC-Zweizylinder-Motor mit 48 und 50 PS (aber die "S-259" ist ein neues Projekt). Der Italienische Fahrer Alberto Ravaldini fuhr die "S-360"Twin während der Rennen zur sowjetischen Meisterschaft. Dieses Motorrad wurde in Zusammenarbeit mit JAWA gebaut. Alle diese Motorräder, die Typennummer wurde genommen von Hubraum und dem Produktionsjahr (z.B. die "S-259" ist die 250er, hergestellt 1959) trugen noch nicht den Namen"Wostok", sondern einfach "S". 1961 war der erste Podiumsplatz bei einem Rennen in Helsinki erreicht, mit einem dritten Platz von Nikolai Sevostianow mit der "S-360" Zweizylinder. Beim Grand Prix von Ostdeutschland erreichte Sevostianow den 5. Platz in der 250er-Klasse und den 6. in der 350er: mittelmäßige Resultate, aber gut genug für ein russisches Einsteigermotorrad.

Von der Zweizylindermaschine wurde auch eine Version für die 500er Klasse gebaut, was einfach durch  aufbohren der 350er erreicht wurde. 1964 kam Sevostianow mit diesem Motorad auf den 4. Platz in Ostdeutschland hinter Mike Hailwood (MV), Mike Duff (Matchless) und Paddy Driver (Matchless) und auf den 4. Platz in Finnland hinter Jack Ahearn (Norton), Mike Duff (Matchless) und Gyula Marsovsky (Matchless). Aber im gleichen Jahr, die richtige Herausforderung der russischen Ingenieure war aufgezeigt, kam die erste sowjetische Vierzylindermaschine.

 

Die Wostok-Vierzylinder: die "Russische Rakete" für die Weltmeisterschaft

Das neue Vierzylindermotorrad, genannt Wostok "S-364", war eine 350er mit 59 PS (aber diese Daten waren eine ziemliche Fälschung: 59 PS waren mehr als die unschlagbare Honda 350-Vierzylinder von Jim Redman), 230 km/h Maximalgeschwindigkeit. Beim Grand Prix von Ostdeutschland wurden die zwei Wostok "S-364" von Nikolai Sevostianow und dem jungen Esten Endel Kiisa gefahren,  an 4. und 5. Stelle. Aber beide waren gezwungen das Rennen wegen des Bruches des linken Kolbens zu beenden. Während des Finnland-Grand-Prixs  überraschte die Wostok von Endel Kiisa stattdessen die Öffentlichkeit mit einem 3. Platz hinter den zwei Hondas von Jim Redman und Bruce Deale! 1965, zum Österreich-Grand-Prix, behielt Endel Kiisa lange Zeit die erste Position, aber ein Sturz zwang ihn zur Aufgabe (nur einen Kilometer vor Ende des Rennens). 1965, zum Tschechischen Grand Prix erreichte Sevostianow einen weiteren dritten Platz hinter Jim Redman (Honda) und Derek Woodman (MZ). Jedoch, obgleich die Resultate sehr gut waren, in Anbetracht der begrenzten Zahl von Rennen, die den Teams meist nur in den Ländern des Ostblocks gestattet waren, stoppte die russische Regierung mit einer unglaublichen Entscheidung die Teilnahme der russischen Motorrädern an der Weltmeisterschaft. Die Wostok nahm 1968 wieder an der Weltmeisterschaft teil, mit einem neuen Motorrad, der "S-565", bestimmt für die Teilnahme in einer höheren Klasse, bis 500 cm³. Die Wostok "S-565" war der höchste Ausdruck der Russen in der Motorradtechnologie. Im Vergleich mit der "S-364" wurde der Rahmen verstärkt und der Motor auf 494 cm³ erweitert und mit einem neuen Zylinderkopf mit drei Ventilen je Zylinder modifiziert (eines für den Einlass und zwei für den Auslass).  Die maximale Leistung lag bei 80 PS und die maximale Geschwindigkeit bei 250 km/h. Auch das Aussehen, Benzintank, Einstellungen und Bremsen wurden verändert. Zum Finnland-Grand-Prix, dem einzigen Rennen des Jahres,  erreichte Sevostianow einen guten 4. Platz hinter Agostini,  Findlay und Marsowszki. 1969 war das letzte Jahr, in dem die russischen Motorräder teilnahmen, auch da nur bei einem Rennen, in Ostdeutschland. Das Resultat: ein bescheidener 10. Platz. Die sowjetische Nomenklatur unterstützte Wostok nie richtig. Sie erlaubten nicht in anderen Ländern zu starten und kürzten endgültig die Geldmittel für die Entwicklung. Wostok startete noch einige Jahre bei weniger bedeuteten Rennen im Ostblock und in anderen Nachbarländern der UdSSR, so in Finnland.

Nach dem Ende der Teilnahme an der Weltmeisterschaft, baute "Vniimotoprom", der Hersteller der Wostok, einfachere und billigere Motorräder, die für nationale Wettbewerbe bestimmt waren (neben der traditionellen Herstellung von Prototypen für die sowjetische Industrie). Motoball war ein weitverbreiteter Sport in der UdSSR, und heute sind in Russland sogar 30000 Zuschauer bei den bedeutensten Rennen! Die Wostok-Motorräder waren für diesen Sport sehr einfach (zu einfach) mit einem Zweitakt-Motor, Einzylinder, luftgekühlt, 34 PS, Zweigang-Getriebe mit zwei Schalthebeln (einen auf jeder Seite).

In den frühen 90ern durchlief "Vniimotoprom" eine schwere Krise, es wurde privatisiert und das Ingenieurwesen und die Produktion von Motorrädern wurde endgültig gestoppt. Eine Schande.

Kurz, die Wostok wird in die Geschichte eingehen, als das einzige russische Motorrad, das wirklich modern und mit den westlichen Motorrädern in Technologie und Leistung fast vergleichbar war. Diese Vierzylinder (aber auch einige Zweizylinder-Modelle) waren möglicherweise im Stande, genügend gute Resultate zu erreichen, in Anbetracht dessen, dass neben MV-Agusta und Honda nur alte britische Einzylindermaschinen ihre Konkurrenten waren, die von einer gut entwickelten "four" leicht zu schlagen waren. Unglücklicherweise war die Wostok, ohne die finanzielle Unterstützung der Serienproduktion ein einfaches Element der Popaganda für den sowjetischen Sport, mit einem kurzen Leben, weil die Geldmittel für motorsportliche Aktivitäten in den 60er Jahren beschnitten wurden, genauso wie jede nichtmiliärische Aktivität in der UdSSR - ein weiteres Symbol des widerspruchsvollen "Russischen Stolzes":

 

Übersetzung aus: www.autosoviet.altervista.org